Das Rubenshaus präsentiert ein neues Selbstbildnis von Rubens

Das Rubenshaus in Antwerpen hat einen neuen Blickfang: ein erst kürzlich wieder aufgetauchtes Selbstbildnis, das Rubens in Italien gemalt hat. Es handelt sich dabei um das frühste bekannte individuelle Selbstbildnis von Peter Paul Rubens (1577-1640) und das zweite in der Dauerausstellung des Museums. Es wird zusammen mit vier weiteren neuen Leihgaben das Antwerpener Künstlerhaus bereichern.   

Das Rubenshaus führt seit geraumer Zeit eine äußerst aktive Leihgabenpolitik. Dank seiner engen Kontakte zu Privatsammlern und Museen konnte es seinen Besuchern in den vergangenen Jahren viele Meisterwerke zeigen. Heute werden fünf neue Leihgaben – Werke von Rubens, Otto van Veen und Tizian – präsentiert. Der wichtigste Neuerwerb ist zweifellos Rubens’ Selbstbildnis.

Visitenkarte des jungen Rubens

Das neue Selbstporträt ist das frühste bekannte individuelle Selbstbildnis des Künstlers. Es handelt sich dabei um eine Vorstudie für ein Selbstporträt, das der Maler im Rahmen seines wichtigsten Auftrags am Hof Gonzaga – der Dekoration der capella maggiore der Jesuitenkirche in der norditalienischen Stadt Mantua  – auf einem Gemälde anbrachte.

Obwohl Rubens bereits schnell nach seiner Ankunft in Italien von der Familie Gonzaga als Hofmaler angestellt wurde, sollte es noch vier Jahre dauern, bevor er einen wirklich großen Auftrag erhielt. 1604-1605 malte er dann für die Jesuitenkirche drei riesige Gemälde: Die Familie Gonzaga zur Anbetung der Heiligen Dreifaltigkeit, Die Taufe Christi im Jordan und Die Transfiguration. Rubens fühlte sich durch diesen Auftrag so geehrt, dass er sich selbst einen Platz auf dem mittleren Gemälde einräumte, das die Familie Gonzaga bei der Anbetung der Heiligen Dreifaltigkeit zeigt. Durch die Aufnahme des Selbstporträts verewigte sich der junge Rubens auch als Urheber des Werks und hinterließ dort in Form einer „visuellen Signatur” seine erste Visitenkarte.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Werke von Napoleons Soldaten aus der Kirche entfernt. Heute befinden sie sich in verschiedenen europäischen Museen. Außerdem wurde das mittlere Gemälde zerschnitten und ist deshalb nur verstümmelt und in Fragmenten erhalten geblieben. Auch Rubens Selbstbildnis ist dabei verloren gegangen. Die Vorstudie hingegen konnte gerettet werden und ist somit nun Rubens’ fünftes bekanntes Selbstporträt und das zweite in der Ausstellung des Rubenshauses. Die erst vor kurzem wieder aufgetauchte Vorstudie wurde – nach einigen Kontroversen in der Vergangenheit – nun von Ben van Beneden und Arnout Balis erneut Rubens zugeschrieben. 

Porträts und Büsten

Auch Das Bildnis einer jungen Frau mit Halskette stammt aus Rubens’ italienischer Periode. Das lebendige Porträt zeigt eine junge Frau mit großen, intensiven braunen Augen und vollen roten Lippen. Rubens malte sie wahrscheinlich zwischen 1605-1606 in Genua. Am meisten fällt auf, wie hervorragend dieses Porträt – wahrscheinlich in weniger als einem Tag – gemalt wurde. Die Gesichtszüge und der Gesichtsausdruck der Frau wurden subtil zum Ausdruck gebracht, die Kleidung hingegen nur skizzenhaft dargestellt. Wie die Ränder zeigen, blieb das Porträt unvollendet.

Von Tizian – einem der größten italienischen Vorbilder Rubens’ – ist ein spätes Porträt eines hochrangigen venezianischen Befehlshabers zu sehen. Vermutlich handelt es sich dabei um Francesco Duodo, der eine Schlüsselrolle in der Seeschlacht von Lepanto (1571) spielte. In diesem großen Seegefecht zwischen den christlichen Mittelmeermächten der Heiligen Liga und den Türken des Osmanischen Reichs ging es um die Vorherrschaft im Mittelmeer.

Rubens’ Büstenporträts der römischen Kaiser Vitellius (15-69 nach Chr.) und Vespasianus (9-79 nach Chr.) gehörten ursprünglich zur einer Serie von 12 Bildnissen. Sie waren wahrscheinlich Bestandteil der Dekoration von Rubens’ Haus und hingen dort über den Nischen seines Skulpturenmuseums. Aufgrund der skizzenhaft angebrachten Pinselstriche ist es eher unwahrscheinlich, dass die Werke für den Verkauf bestimmt waren. Auch die ovale Form lässt darauf schließen, dass der Meister diese Porträts für einen ganz spezifischen Ort und Zweck gemalt hat.

Eroberung Roms

Auch ein Werk von Rubens’ bedeutendstem Lehrmeister Otto van Veen – Die Eroberung Roms - lässt italienische Einflüsse erkennen. Van Veen, der seinen Namen zu „Vaenius“ lateinisierte, war ein sogenannter pictor doctus, d. h. ein gebildeter Maler, der über große Kenntnisse der antiken Kunst und Kultur verfügte. Das Bild zeigt die Eroberung Roms, verkörpert durch die gleichnamige Göttin, die mit auf dem Rücken gefesselten Händen aus der Stadt geführt wird. Zu ihren Füßen wurde die Wölfin dargestellt, die Romulus, den legendären Gründer Roms, und dessen Bruder Remus säugt, während im Hintergrund eine brennende Stadt zu sehen ist.

Intensive Kontakte zu Sammlern

Die neuen Leihgaben sind ab 9. Juni 2020 zu sehen und werden im Rahmen der Leihgabenpolitik gezeigt, die das Rubenshaus seit 2007 erfolgreich führt. Der Ankauf von Werken großer internationaler Künstler wie Rubens, Anthony van Dyck oder Tizian ist für die meisten öffentlichen Museen schon seit geraumer Zeit unbezahlbar geworden. Eine statische Sammlung ist jedoch dazu verdammt, allmählich an Interesse einzubüßen. Das Rubenshaus arbeitet deshalb bereits seit fast 25 Jahren intensiv mit privaten und öffentlichen Sammlungen im In- und Ausland zusammen, um mit langfristigen Leihgaben die Lücken in der eigenen Sammlung zu schließen. Immer mehr Sammler entscheiden sich ganz bewusst dafür, die Prunkstücke ihrer Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dank ihrer Großzügigkeit ist das Rubenshaus in der Lage, seine Besucher trotz begrenzter finanzieller Mittel weiterhin zu überraschen.  

 

Praktische Informationen

  • Ab 9. Juni 2020
  • Rubenshaus, Wapper 9-11, 2000 Antwerpen
  • www.rubenshuis.be
  • Geöffnet von Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 17.00 Uhr. Der letzte Eintritt ist um 16 Uhr. Geschlossen am Montag, 1. November, 25. Dezember und 1. Januar.
  • Das Museum beschränkt die Anzahl der Besucher auf ein striktes Minimum und arbeitet mit Zeitfenstern. Nur Besucher mit einem gültigen E-Ticket erhalten Zutritt zum Museum. Weitere Informationen für einen sicheren Museumsbesuch siehe https://www.rubenshuis.be/de/besuch/museumsbesuch-w%C3%A4hrend-der-korona

 

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Über Rubenshuis

Der Meister hat hier viele Jahre mit seiner Familie gewohnt und mit seinen Kollegen und Assistenten im selbst entworfenen Atelier gearbeitet. Viele Werke seines umfangreichen Oeuvres sind in diesem Haus im Herzen Antwerpens entstanden